Gedanken zum 70. Jahrestag der Hinrichtung von Hans und Sophie Scholl und Christoph Probst

Info vom 22. Februar 2013

Wir erinnern an die Mitglieder der Weißen Rose

Der 22. Februar 2013 ist der 70. Jahrestag der Hinrichtung der Geschwister Scholl und Christoph Probst. Im Laufe des Jahres 1943 folgten Alexander Schmorell, Kurt Huber und Willi Graf.

Erst kürzlich hat Bundespräsident Joachim Gauck den 80. Jahrestag der nationalsozialistischen "Machtergreifung" (30. Januar 1933) genutzt, um auch auf das Lebensopfer der "Weißen Rose" hinzuweisen:

Gauck1"Unsere Bewunderung für die Mutigen und Selbstlosen damals speist sich ja immer auch aus einem vielleicht nicht wahrgenommenen, aber geheimen Verdacht gegen uns selbst: Hätten wir zu solchem Mut und solcher Selbstlosigkeit die Kraft gehabt? Würden wir uns selbst glauben, wenn wir sagten: Ich wäre bereit gewesen, zu sterben, damit jemand anderes überlebt? Wären wir bereit gewesen, unser Leben zu riskieren, um anzufangen, wo andere schweigen? Die meisten von uns würden wohl zu dem Entschluss kommen, zu der einfachen Wahrnehmung: Nein, ich wäre nicht bereit gewesen, ich hätte das nicht gekonnt, mein Leben zu geben."


Wir meiden heute gern den Begriff "Opfer". Als heroischer Begriff ist er zu oft missbraucht worden. Und auch im landläufigen Gebrauch steht der Begriff des "Opfers" unter Verdacht. Er riecht nach Willkür und Absurdität; wir denken an Terror- oder Erdbebenopfer und an Opfer eines Unfalls.

Verwandt mit dem deutschen Wort "Opfer" ist das englische "offer" bzw. die "Offerte" – also das Angebot. In diesem Sinne meint "Opfer" nicht einfach nur das tragische Scheitern, sondern die bewusste Tat.

Dr. Karl Alt begleitete als evangelischer Gefängnispfarrer Hans und Sophie Scholl am 22. Februar 1943 zum Schafott. Nach dem Krieg hat er seine Erinnerungen aufgezeichnet, so auch an seine geistlichen Worte gegenüber Hans Scholl beim Empfang des Abendmahls: "Ich ging davon aus, dass sich auch jetzt das Wort des Heilands erfülle: 'Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lasset für seine Freunde.' Auch der bevorstehende Tod – sagte ich – sei ein Lebenlassen für die Freunde; ein Opfertod fürs Vaterland, durch den viele gewarnt und gerettet werden sollen."

Eine solche aktive Haltung der Hingabe setzt Entschiedenheit voraus. "Wie könnte man da von einem Schicksal erwarten, dass es einer gerechten Sache den Sieg gebe, da sich kaum einer findet, der sich ungeteilt einer gerechten Sache opfert?" – so fragt einmal Sophie Scholl mit Blick auf ihre Zeit. "Ich muss hier an eine Geschichte des Alten Testamentes denken, wo Mose Tag und Nacht, zu jeder Stunde, seine Arme zum Gebet erhob, um von Gott den Sieg zu erbitten. Und sobald er einmal seine Arme senkte, wandte sich die Gunst von seinem kämpfenden Volke ab. Ob es wohl auch heute noch Menschen gibt, die nicht müde werden, ihr ganzes Denken und Wollen auf eines ungeteilt zu richten?"

Sind dies Gedanken, die heute nicht mehr gelten?

Sophie Scholl: "Da verliert sich das Herz in dieser kleinen Unruhe und vergisst seinen großen Heimweg. Unvorbereitet, an nichtige niedrige Spielereien hingegeben, könnte es von seiner Stunde überrascht werden, um kleiner Freuden willen die eine große verkauft zu haben." Opfergeist und Hingabe sind durchaus Haltungen der kleinen Schritte, des Alltags – auch und gerade der alltäglichen Hingabe an Gott: "Und meine ohnmächtige Liebe lege ich in Deine Hand, damit sie mächtig wird", so betet Sophie Scholl.