Brief von Dr. Michael-Stiels-Glenn, Sprecher der Friedensfreunde Dülmen, ...

... an Pfarrer Markus Trautmann, Dülmen, vom 18. Februar 2021 

Lieber Herr Trautmann,


ich kann Ihre Argumentation nachvollziehen und mache "aus der Hüfte heraus" einige kurze Bemerkungen:

"Idealisierung ist auch eine Form der Abwehr", sagte ein Lehrtherapeut in meiner Psychotherapieausbildung. Das passiert selbst mir: Viele Leute sagen: Ja, Du machst da was Tolles! Wenn ich dann sage: Nachmachen, mitmachen, auch was AKTIV tun (ist fast egal, was), dann heißt es: Ja, DU mit DEINEN Fähigkeiten und DEINEM Engagement. Indem sie mich überhöhen, müssen sie sich nicht mit ihrer Lauheit, ihrer Bequemlichkeit auseinandersetzen. So sehe ich die "Überhöhung von Kardinal von Galen" - das diente der Rationalisierung des eigenen Nichts-Tuns.

"Wenn das Fußballspiel beendet ist, weiß jeder, wie man es hätte gewinnen können!" Hinterher ist man IMMER klüger, u. a. weil man ja weiß, wie die Sache ausgegangen ist. In der Situation selbst wissen wir das NIE! Wir hoffen zwar, wir "kalkulieren" (hat viel mit berechnen zu tun), aber wir sind immer gezwungen zu handeln, ohne das Ergebnis unseres Tuns vorher zu kennen - eine menschliche "Conditio sine qua non"! Das betraf auch Kardinal von Galen in aller Zwiespältigkeit, in dem inneren Druck, Position zu beziehen. Aus diesem Grund halte ich sehr wenig von Beurteilungen historischer Situationen im Nachhinein. Solange ich nicht in der Haut des Kardinals gesteckt habe, kann ich die Situation und sein Handeln DAMALS nur sehr unzureichend beurteilen.

Ich weise stets ALLE Menschen in meinem Umfeld darauf hin, dass man den Moment, das Jetzt gestalten muss (Carpe diem bis Zen-Buddhismus sagen alle etwas Ähnliches: Kümmere dich nicht so sehr um die Vergangenheit, die ist vorbei und kann nicht mehr beeinflusst werden (!!!WOHL ABER interpretiert werden!!!). Kümmere dich nicht um die Zukunft, denn die st noch nicht da! Kümmere dich um das JETZT, den Augenblick und gib da dein Bestes (mehr wird nicht verlangt: das, was man gerade jetzt hinkriegt! Aber auch nicht weniger!). Achte dabei nicht auf ein Ziel, denn das lenkt sofort die Aufmerksamkeit vom Jetzt ab.

So handle ich stets - Nebeneffekt ist, dass ich wenig Angst vor dem Tod fühle, weil ich eben möglichst nichts auf das Morgen schiebe. Und es stirbt sich schwerer, wenn man viele unerledigte Geschäfte hat. Ansonsten finde ich Etiketten wie "links", "antifaschistisch", "konservativ" oder "erzkatholisch" immer weniger hilfreich. Ich kenne tolle Menschen und Pflaumen in allen Lagern ... deshalb erwischt mich Ihre kritische Spitze nicht. Sie sind ein "Erzkatholik"! - aber einer, mit dem es sich gut, fair und menschliche diskutieren und streiten lässt. Einer, der in seiner Meinung und in seiner Kritik aufrichtig ist, ohne das Gegenüber abzuwerten. Einer, der Nichtwissen zugeben kann, ohne sich dabei einen "Zacken aus der Krone" zu brechen. Und einer, der hoch engagiert über das spricht, wovon er überzeugt ist. Deshalb ist der "Erzkatholik" für mich nicht wichtig. Wir reden miteinander, es entstehen keine Gräben, kein Schweigen.

An ihren Früchten (Taten) sollt ihr sie erkennen, steht in der BIBEL. Wie jemand handelt, ist wichtig. Und da ist der Mann aus dem ungläubigen Samaria, der eben nicht an dem Ausgeraubten vorbeigeht, sondern der hilft - fertig ab! (Wussten Sie, dass August BEBEL mal gesagt hat: Schaut ihnen nicht aufs Maul, schaut ihnen auf die Finger! Und als letzter in der Runde zitiere ich Erich KÄSTNER, den ich wegen seiner Liebe zu den Menschen sehr schätze: Es gibt nichts Gutes - außer man tut es!

Und selbstverständlich dürfen Sie meiner Frau und mir eine gesegnete Fastenzeit wünschen – weshalb denn nicht? Wir fasten so viel und so wenig wie viele Christen, aber uns ist diese Zeit sehr bewusst (obwohl für mich lebenslang der Advent, das sehnliche Warten auf den Erlöser, emotional wichtiger war). Ich hoffe sehr, dass wir unsere Gespräche fortsetzen, ob mit oder ohne Tagesordnung.

Mit herzlichem Gruß

     Michael Stiels-Glenn





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