Brief von Verleger Gerhard Schepper, Münster …

Brief von Verleger Gerhard Schepper, Münster …

… an Pfarrer Markus Trautmann, Dülmen, vom 22. Februar 2021

Sehr geehrter Herr Trautmann,

wie ich sehe, haben Sie die persönliche E-Mail an Herrn Hölscheidt auf der Internetseite www.wie-ein-loewe.de veröffentlicht. Da will ich als Verleger des Buches auch öffentlich Stellung nehmen zu Ihren Anmerkungen resp. Ihrer Rezension.

Sie ziehen in Zweifel, dass v. Galen nach 45/46 in Bocholt war, wie sein Sohn (nicht seine Tochter, wie Sie schreiben) im Interview behauptet. Möglicherweise haben Sie in diesem Punkt Recht und die Erinnerungen seines Sohnes sind diesbezüglich lückenhaft. Möglicherweise fiel der zitierte Satz „Josef, du hast mehr geleistet als ich“ nicht in Bocholt, sondern bei einer Begegnung Josef Jakobs mit Kardinal von Galen nach dem Krieg in Münster. Diesen Punkt Ihrer Kritik, den einzig sachlichen, kann ich akzeptieren und werde ihn bei einer Neuauflage des Buches berücksichtigen.

Alle weiteren von Ihnen aufgeführten kritischen Anmerkungen sind Meinungen, Annahmen und Unterstellungen. Ich kann Ihnen in diesen Punkten nicht folgen.

Da ist zunächst Ihre Annahme, v. Galen hätte in aristokratisch-bischöflicher Distanz niemals einen KAB-Sekretär geduzt. Abgesehen davon, dass diese Ihre Annahme ein merkwürdiges Licht auf die praktisch gelebte brüderlich-christliche Nächstenliebe v. Galens werfen würde, steht sie im Gegensatz zu Josef Jakobs Aussagen. Nach dem, was er seinen Kindern mehrfach mitteilte, hatte v. Galen ihm bei einer Begegnung nach dem Krieg folgendes gesagt: „Josef, du hast mehr geleistet als ich. Du hast die Gefahr früher erkannt und hast mehr Mut bewiesen. Du hattest Familie und wusstest, dass deine Frau und deine Kinder mitleiden würden. Ich war Junggeselle und hatte den Schutz meines Amtes.“ Genau diese Worte hätte Josef Jakob mehrfach benutzt, so seine Kinder, und er sei auf diese anerkennenden Worte stolz gewesen. Es steht also das Wort Josef Jakobs, eines glaubwürdigen Christen, wie Sie selbst schreiben, gegen Ihre Vermutung, dass diese Worte nie ausgesprochen wurden. Sie haben sicherlich Verständnis, dass ich in diesem Punkt Ihrer Spekulation nicht folgen kann.

Dass Sie in diesem Zusammenhang nicht nur spekulieren, sondern Josef Jakob und seiner Familie unterstellen, sie hätten ein für die Allgemeinheit ausgesprochenes Zitat unberechtigter Weise auf sich bezogen, ist ehrabschneidend. Auch wenn Sie das Wörtchen „vielleicht“ in den Satz eingefügt haben, ist es dennoch der Versuch, die Integrität Josef Jakobs, der Familie Münsterjohann und letztendlich auch des Verlegers in Zweifel zu ziehen. Warum tun Sie das? Liegt es vielleicht daran, dass Sie an der Metapher des „Löwen von Münster“ festhalten wollen, die den Eindruck erweckt, v. Galen habe, analog des Löwen als dem stärksten aller Tiere, den stärkst möglichen Widerstand geleistet, und diese Assoziation nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte, wenn v. Galen selbst zugegeben hätte, dass Andere mehr geleistet hätten als er selbst? Wollen Sie deshalb das erwähnte Zitat Josef Jakobs als „kolportiertes Familiennarrativ“ unglaubhaft machen?

Sie bemängeln weiter, dass Wilhelm als Sohn eines Widerstandskämpfers vom Nationalsozialismus begeistert war, dieser Begeisterung im Buch nicht nachgegangen wird und vergleichen sein Verhalten mit der persönlichen Verunsicherung v. Galens. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wilhelm war 15 Jahre alt und mächtig stolz, dass die Gesellschaft ihm eine Waffe in die Hand geben wollte und seine Generation als Retter des Landes bezeichnete. Außerdem war es für seinen Vater, Josef Jakob, eine Frage des Überlebens, seine Kinder eben nicht in den Widerstand und die Diskussionen einzubinden. Hätten sie etwas ausgeplappert, hätte das nicht nur für ihn, sondern auch seine Mitstreiter den Tod bedeuten können. Von Galen dagegen war ein erwachsener Mann und hat als Bischoff den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion mit 25 Millionen Toten begrüßt, die Soldaten zum entschlossenen Kampf aufgefordert und verhindert, dass seine Predigten unter den Soldaten verbreitet wurden, weil er das als Wehrkraftzersetzung ansah. Da hilft auch nicht Ihr Hinweis, man dürfe ein reales Bischofswort nicht überschätzen. Die damaligen Katholiken haben es ernst genommen und nicht umsonst hat Hitler die gläubigen Soldaten als die wertvollsten bezeichnet, weil sie alles einsetzen.

Auf die zahlreichen weiteren Unterstellungen gegen Herausgeber und Verleger will ich hier nicht weiter eingehen, sie werden im Buch selbst sachlich widerlegt. Die Leserinnen und Leser mögen sich diesbezüglich ein eigenes Urteil bilden. Nur ein Punkt sei noch erwähnt: Die Intention des Buches war keineswegs, v. Galen abzuwerten oder gar zu diskreditieren, sondern zum Einen, den Widerstand Josef Jakobs zu würdigen, zum Anderen, die Auswirkungen dieses Widerstands auf seine Kinder und Enkel zu beschreiben, Stichwort: generationenübergreifende Traumaweitergabe. Diese Auswirkungen sind naturgemäß sehr stark persönlich geprägt, dadurch teilweise auch subjektiv. Die subjektiven Teile im Buch sind aber erkennbar und alle Tatsachenbehauptungen, auch über v. Galen, sind begründet, differenziert dargelegt und mit Quellenangaben versehen.

Mit freundlichen Grüßen

     Gerhard Schepper
     Verleger